1. Parteien in einer repräsentativen Demokratie
In einer repräsentativen Demokratie sind Parteien deren Rückgrat. Ohne Parteien ist eine repräsentative Demokratie nicht vorstellbar (Näheres: Parteiengesetz, insb. § 1, 2).
Sie ist die Form einer Demokratie, die sich bisher am besten bewährt hat.
In Deutschland gilt dies für alle Ebenen unseres Staatsgebildes: Bund, Bundesländer, Kommunen (Landkreise, Städte und Gemeinden).
Mitglied einer Partei in Deutschland kann grundsätzlich jeder Bürger werden, Einzelheiten regeln die jeweiligen Parteistatuten.
Da die politischen Parteien „an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens“ mitwirken (§ 1 Abs. 2, S. 1 Parteiengesetz) und Verfassungsrang haben (§ 1 Abs. 1, 1. Satz Parteiengesetz) eröffnet die Mitgliedschaft in Parteien die Möglichkeit, unmittelbar an dieser Willensbildung mitzuwirken, mitzubestimmen.
Es ist aber festzustellen, dass die Mitgliederzahlen in den Parteien in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken sind, sich immer mehr Menschen der Mitarbeit in den Parteien, entziehen, verweigern. Auch ist zu konstatieren, dass bei Wahlen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene ein beträchtlicher Teil der Bürger nicht zur Wahl geht.
Es ist also festzustellen, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bürger der verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitwirkung und Mitbestimmung in den verfassungsrechtlichen Instituten sich entzieht.
Stattdessen organisiert sich ein Teil der Bürger, wenn überhaupt, in der APO (Außerparlamentarischen Opposition) oder in aus dieser (historisch) hervorgegangenen Bürgerinitiativen.
Diese aber sind lediglich punktuelle und häufig temporär begrenzte Zusammenschlüsse, um bestimmte Interessen und Belange politisch zu vertreten und durchzusetzen.
Sie leisten aber keine notwendige, kontinuierliche politisch, parlamentarische Arbeit, die ein inhaltlich breitgestreutes und längerfristiges Engagement erfordert.
Sie sind quasi ein zeitlich und inhaltlich abgespecktes politisches Engagement, für das die verfassungsrechtlichen, Parteien auferlegten Regelungen, keine Gültigkeit haben.
So konnten sich auch Bürgerinitiativen bilden, die sich aus dubiosen Quellen finanzieren und selbst reine wirtschaftliche Interessen verfolgen.
Auch unterliegen diese nicht dem Vereinsrecht, soweit sie sich nicht als Verein konstituieren.
Wie Entscheidungen, Beschlüsse, politische Aktivitäten erfolgen, ist also in das Benehmen derjenigen gestellt, die sich Bürgerinitiativen anschließen.
So sind BI eine Organisationsform der politischen Willensbildung, die von ALLEN politischen Kräften und Bürgern sowie Parteien und Organisationen (einschließlich Wirtschaftsunternehmen) in D genutzt werden kann, ihre Interessen zur Geltung zu bringen. Sie sind deshalb auch eine Organisationsform, die von Extremisten jeglicher Art, Verschwörungstheoretikern, Heilslehren, politischen Rattenfängern usw. genutzt werden kann. Pegida zählt ebenso zu ihnen, wie eine BI zum Schutz des Schwarzstorches.
BI können also aus unterschiedlichsten Interessenlagen gegründet werden von den unterschiedlichsten Interessengruppen: Sie können gegen Parteien, politische Entscheidungen, Entscheidungen von Behörden, Unternehmen gerichtet sein oder auch diese unterstützen – sie sind also nicht per se parteipolitisch neutral!
Deshalb können BI auch für sich nicht a priori beanspruchen Teil der demokratischen, politischen Willensbildung zu sein, sondern sie müssen dies erst durch ihre konkrete Aktivität unter Beweis stellen.
Erst die Beachtung „demokratischer Spielregeln“, diskursiver Regeln, die Demagogie, Manipulation, Indoktrination von Menschen (Instrumente von ökonomischer, politischer Propaganda [Populismus]) untersagen, lässt BI zum Teil demokratischer, politischer Willensbildung werden.
2. Was ist Aufgabe von Politik in einem demokratischen Gemeinwesen?
Politik, ob auf kommunaler Ebene, Landes- oder Bundesebene, hat die Aufgabe, gesamtgesellschaftliche Probleme zu lösen zum Wohle und Nutzen der Bürger, also der Menschen, die in Kommunen, Bundesländern und der gesamten Bundesrepublik leben. Maßgebend ist hierfür die grundgesetzliche Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
Gemäß Grundgesetz ist dieser Problemlösungsprozess institutionalisiert, d. h. demokratischen Institutionen übertragen: Auf kommunaler Ebene sind dies für unsere Gemeinde: das Gemeindeparlament als oberstes Organ („Legislative“) und der Gemeindevorstand (Exekutive), an dessen Spitze der Bürgermeister steht („Gemeindekanzler“).
Der Bürgermeister wird von den Bürgern direkt gewählt. Das Gemeindeparlament bilden die Vertreter der Parteien, die von den Bürgern bei der Kommunalwahl gewählt wurden. Die Parteien haben die Aufgabe den Wähler-/Bürgerwillen im Gemeindeparlament zu repräsentieren (repräsentative Demokratie).
Ebenso ist für alle politischen Ebenen des Staatsgebildes festgelegt, nach welchen Verfahren Entscheidungen zur Problemlösung zu treffen sind. Für die Kommunen ist hier die Hessische Gemeindeordnung, Hessische Landkreisordnung u. a. maßgeblich.
Wie im einzelnen politische Diskussionen um die jeweils beste Problemlösung zum Wohl und Nutzen der Bürger zu erfolgen haben, ist nicht im Detail normiert (festgelegt).
Deshalb haben Wissenschaftler wie Habermas Regeln für einen vernünftigen praktischen (politischen) Diskurs entwickelt, die sicherstellen sollen, dass sich ausschließlich um die „Sache“, das zu lösende Problem gestritten wer soll. Nur auf diese Weise lässt sich die möglichst beste Problemlösung für alle Bürger erreichen.
3. Angriffe auf Personen sind ausdrücklich untersagt.
Vorgetragene Sachargumente müssen von jedem an dem Diskurs beteiligten Personen objektiv überprüft werden können (subjektives Unvermögen, ist dabei nicht maßgebend). D.h. alle relevanten Informationen um die Richtigkeit/Falschheit von Argumenten und die damit verbundenen Interessen/Ziele beurteilen zu können, müssen für alle Diskutanten verfügbar sein.
Es dürfte einleuchten, dass es sich deshalb nur um rationale Argumente handeln kann, denn nur diese sind im og. Sinne überprüfbar – Emotionen, Befindlichkeiten, Irrationalismen sind objektiv einer solchen Überprüfung und Bewertung NICHT zugänglich.
Die Sprache (das kommunikative Handeln) ist das Mittel, das Werkzeug, das, unter Beachtung og. Regeln von den am Diskurs teilnehmenden Personen verwandt werden darf. Also sind auch Handgreiflichkeiten etc. untersagt.
Es ist aber falsch, Politik auf Sprache, Sprachgebrauch zu reduzieren. Denn: Politische Diskurse, Auseinandersetzungen sind nicht Selbstzweck, unterscheiden sich von unverbindlichem Geschwätz, Propaganda, Demagogie, Populismus etc.. Ihr Ziel ist die Lösung der anstehenden Probleme, Aufgaben zum Wohle/Nutzen der Bürger.
Daran ist Politik, sind Politiker zu messen, nicht an deren Gerede, Geschwätz, ihrem sprachlichen Vermögen oder Unvermögen, ihrer öffentlichen Selbstdarstellung, sondern eben an ihrer Arbeit, ihrer Leistung, ihrer Kompetenz im og. Sinne.
Rainer Egold